Viktor Ullmanns Andante seiner 5. Klaviersonate, 1943 in Theresienstadt entstanden, imaginiere ich mir als Bühnenbild, als Tapete, von der Karl Kraus in seinem Gedicht Vor dem Schlaf spricht und vor der sich die "Handlung" der Komposition entfaltet. Die erste Strophe stellte Ullmann als Motto über seinen einmal als Notturno bezeichneten Satz. Meine Hommage könnte als phantasierte Recherche oder als klingende Analyse der gestischen und harmonischen Strukturen von Ullmanns Musik gedeutet werden. Sie gleicht einem auskomponierten Echo, dem Widerhall, den diese Musik in mir auslöst. Viktor Ullmanns in Theresienstadt entstandene Kompositionen empfinde ich auch als Botschaften: ich nehme sie wahr als von den Schergen zynisch erlaubte Mitteilungen und gleichzeitig als Kassiber eines im Spannungsfeld zwischenTäuschung und geistigem Widerstand stehenden Künstlers. In ihrer verspäteten „Ankunft“ ähneln seine jahrelang verdrängten Kompositionen den unzähligen Briefen, die der Protagonist in Doron Rabinovicis Erzählung Nachsendungen von seinen Verwandten, viele Jahre nach deren Ermordung, im Postkasten seiner verstorbenen Mutter vorfindet. Wie diese „Botschaften“ der ins Konzentrationslager Verschleppten wurde Ullmanns Werk erst Jahrzehnte nach der Entstehung
und seiner Ermordung für die Welt zum Vorschein bzw. zum Klingen gebracht. Das sagende Gesicht ist dem Sänger Steven Scheschareg gewidmet und Teil des Zyklus ...und fühl in Finsternissendassagende Gesicht. Elisabeth Holzer entwarf in ihren Gemälden, inspiriert durch die Worte von Kraus und Rabinovici, eine Art Bühnenbild dazu…